Grazile Baukunst

Bei meiner Reise nach Italien erwartete mich ein Superlativ der Waffenbaukunst. Mein Ziel: eine kleine, wahrscheinlich die feinste Manufaktur für Jagdgewehre – Fratelli Rizzini in Magno di Gardone Val Trompia (nahe Brescia).

Die Anfänge dieser Firma liegen zwischen 1961 und 1971. Fünf Rizzini-Brüder, deren gesamtes Streben es war, die gun maker world zu revolutionieren. Das Büchsenmacher-Abenteuer begann für die jungen Rizzinis im zarten Alter von 14 bis 15 Jahren. Einer nach dem anderen wurde zu den in der Nachbarschaft ansässigen Büchsenmacher-Betrieben in die Lehre geschickt. Alles war für die jungen Rizzinis fußläufig zu erreichen.

Einer kam zu einem Rohrmacher, ein anderer zu einem Systemmacher, der nächste zu einem Schlossmacher, ein weiterer zu einem Schäfter und der letzte zu einem Werkzeugmacher.

Kurz nachdem alle fünf Burschen in Lohn und Brot standen, brachten sie auch schon aus ihren jeweiligen Lehr- betrieben ihre ersten Erzeugnisse mit nach Hause. Dort bauten sie aus den Teilen ihre ersten, eigenen Waffen zusammen. Filli. Rizzini war geboren. Guido wurde zum Kopf der Truppe, er übernahm das Zepter, sagte Takt und Qualitätsstandards an. Sein Entwicklungs- und Arbeitstempo war sehr hoch, für zwei der Brüder schon sehr bald zu hoch. Sie schieden aus dem Familienverbund aus. Die verbliebenen Brüder sowie ein paar Mitarbeiter schrieben die Geschichte der Filli. Rizzini fort. In den 1980er-Jahren folgte die italienische Büchsenmacherwelt aus Gardone Val Trompia ihren großen britischen Vorbildern und kopierte diese so gut es eben ging. Durch Guido Rizzini sollte sich das jedoch bald ändern.

Ausschließlich an perfekter Technik interessiert, entwickelte er in kurzer Zeit einen vollständig neuen Einabzug, seine bis heute legendären Seitenschlosse und die nicht minder faszinierende, brillante Ejektorensteuerung. Mit diesen Patenten wurde Fratelli Rizzini eigenständig, setzte sich von anderen Manufakturen vor Ort ab.

In seiner Definition von „italienischen besten Jagdgewehren“ ist die einwandfreie, perfekte Funktion durch allerhöchste mechanische Präzision das erklärte Ziel! Guido Rizzini widmete sein Leben der Herstellung feiner Jagdwaffen. Seit seinem zu frühen, tragischen Tod führen heute seine Söhne und Neffen in der 2. Generation den Bau feinster Jagdgewehre in seinem Sinn fort.

Bald wurden bei Filli. Rizzini neue, den hohen Ansprüchen gerecht werdende Maschinen mit CNC-Technik angeschafft und innovative Prozesse in den Herstellungs-Ablauf umgesetzt. Bis ins Jahr 2000 wurden überwiegend small-bore-Doppelflinten mit Kasten- sowie Seitenschlössern hergestellt. 2012 gelangten 2 Doppelbüchsarten ins Portfolio: eine mit Kastenschloss- sowie eine mit Seitenschloss-Konstruktion.

Jedes Teil bei Rizzini, so auch bei den Doppelbüchsen, wird erst gezeichnet und konstruiert, bevor es in Perfektion gebaut wird. Selbst die Montageringe für ein Zielfernrohr nebst Schrauben. Wo sonst noch auf der Welt lebt ein Büchsenmacher diese Detailversessenheit aus?

Funktionierendes Team

Das heutige Team um Stefano, Serafino, Franco, Andrea und Diego ist das leistungsstärkste sowie harmonischste, das ich je hinter einer Werkbank gesehen habe. Der Hausgraveur, ein weiteres Familienmitglied, Gian Marco Sabatti, ist der Meister der Ornamentik und der Scrollgravuren. Tierstücke sind bekennenderweise nicht sein Metier. Er gehört zur Familie, ist ein Cousin der Rizzini-Brüder und graviert selbstverständlich die feinen Familienprodukte. Als enger Vertrauter weiß er um den sorgsamen Umgang mit den weißfertigen, feinst polierten Waffenteilen. Jedes Detail setzt er mit Herzblut um, keine Gravur gibt es zweimal.

Diese kleine, feine Manufaktur stellt im Jahr zwischen 10 und 12 Spitzengewehre her. Ihre Doppelflinten, Doppelbüchsen sowie Bockdoppelflinten sind in aller Bescheidenheit das Maß der Dinge. Die Herstellungszeit beträgt nicht mehr als 2 Jahre, darauf legt Stefano großen Wert. Er hat anspruchsvolle Kunden.

Jede Filli. Rizzini ist ein Unikat, keine gleicht der anderen, alle individuell auf höchstem Niveau gefertigt, für den erlauchten Kreis derer, die sich solche Traumwaffen leisten können und zu sie schätzen wissen. Würde man eine Jahresproduktion dieses Hauses auf den Tisch legen, könnte man die kleinen und feinen Unterschiede begeistert betrachten. Jede einzelne von ihnen nimmt mindestens 1.000 Stunden Arbeit in Anspruch.

Um es vereinfacht zu erklären, hier meine Sichtweise zu den Unterschieden bei der Jagdgewehr-Herstellung: Es gibt drei Typen, drei unterschiedliche Ansätze:

1. Die industrielle Serienfertigung, bei der Maschinen 95 Prozent der Arbeit ausführen. Lediglich der Zusammenbau der fertigen Teile wird wie die Endkontrolle von Menschenhand (nicht zwingend von qualifizierten Büchsenmachern) ausgeführt. Das Ergebnis: zuverlässige Werkzeuge für Weidmänner – nicht mehr, nicht weniger.

2. Die Herstellungsart, bei der durch handwerkliche Veredelung von Serienfertigungsteilen ansehnliche Jagdgewehre entstehen. Die Herstellung liegt zu 70 Prozent bei den Maschinen und zu 30 Prozent bei der handwerklichen Veredelung. Bei dieser Art von Jagdgewehr folgt man in der Herstellung unweigerlich den Vorgaben der gelieferten Teile. Eigene Vorstellungen sind nur bedingt umsetzbar.

3. Die Manufaktur-Fertigung. Der Schwerpunkt liegt vor Beginn der eigentlichen Entstehung des Produktes bei der Konstruktions-, Ingenieurs- und Designleistung. Es werden Werkzeuge entwickelt und Maschinen programmiert, um in allerhöchster Präzision Teile zum Bau von feinsten Jagdwaffen sorgsam Schritt für Schritt herzustellen. Der Zusammenbau, die Einpassungsarbeiten und die Funktionsprüfungen werden von bestens ausgebildeten, hochqualifizierten und erfahrenen Mitarbeitern ausgeführt.

Die Gewichtung in der Herstellung liegt zu 45 Prozent in Maschinenhand und zu 55 Prozent bei Handarbeit. Das Ergebnis kommt einem feinem Uhrwerk Schweizer Nobelmarken gleich. Ein strammes Einlaufen von mechanischen Teilen bleibt dem Besitzer erspart. Die Vorarbeit ist so präzise, dass dieser Part gänzlich entfällt und überflüssig wird.

All diejenigen, die sich ihr Jägerleben auf der Suche nach der ultimativen Begleiterin für die Jagd umgesehen haben, so sie noch nicht fündig wurden, werden bei Filli. Rizzini ans Ziel ihrer Träume gelangen. Nichts ist dem Zufall überlassen. Bis zur letzten Schraube hat das Team um Stefano die Kontrolle über die Spitzenqualität. Nach oben gibt es bei ihm keine Grenzen.

Sogar die geschmiedeten Laufrohlinge werden auf die erforderliche Moleküldichte hausintern geprüft, bevor sie in die Produktion einfließen. Im Falle von Beanstandungen an einem Waffenteil werden diese nicht kaschiert, sondern neu und fehlerfrei produziert. In meinen Augen gibt es kein Detail, das man besser, präziser oder schöner herstellen kann, als es in dieser Firma der Fall ist. Bei objektiver Betrachtung kann man sich nur ganz tief vor diesen Meisterwerken verneigen!

Fratelli Rizzini hat für mich seinen Platz unter den TOP 3 der Büchsenmacherwelt sicher. Obwohl die Gewehre preislich außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten liegen, habe ich noch nicht aufgegeben.

Viele von uns investieren schnell 100.000 Euro und mehr ins „heilige Blechle“. Dabei ist es nach 5 Jahren nur noch einen Bruchteil des Anschaffungspreises wert. Ganz anders verhält es sich mit so einem Waffen-Schmuckstück. Es ist relativ wertstabil und die Freude daran währt lange, um nicht zu sagen ewig.

Die Rizzini- Waffenfirmen

Der Name Rizzini wird von 3 unterschiedlichen Anbietern von Jagdwaffen genutzt. Dem Großteil der Leser dürfte wohl die Marke Battista Rizzini bekannt sein. Unter dem Label SRL Rizzini werden Flinten in der Preisklasse zwischen 1.500 und etwa 10.000 Euro gefertigt. Diese Flinten erfreuen sich großer Beliebtheit, da sie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis haben, als belastbar gelten und hübsch anzusehen sind. Nach der Liaison von Baptiste Rizzini und Ivo Tankfolio rückte die CNC-Produktion in den Vordergrund. Die Verschlüsse dieser Flinten sind konstruktiv an die der legendären B 25 aus dem Hause Browning FN angelehnt.

Der nächste, durchaus bekannte Name ist der von Fair Rizzini. Das Unternehmen wird von Luca Rizzini geführt. Die Produktions-Palette umfasst Jagd- und Sportflinten der Einsteiger- bis mittleren Preisklasse. Überwiegend werden größere Stückzahlen in den USA vermarktet, aber auch in Deutschland erfreut sich diese Marke gewisser Beliebtheit. Außerdem produziert dieser Hersteller auch Bockbüchsen sowie Bockbüchsflinten.

Schließlich bleibt dann noch Fratelli Rizzini, die Firma, um die es in diesem Artikel geht. Diese Jagdwaffen spielen in einer eigenen Preis-Liga.